Hybrid Wohnmobile: Alternative Modelle der Zukunft

6 min Lesedauer

Auf Auto- und Caravan-Messen stellen Hersteller als Neuigkeiten immer wieder Prototypen oder Studien über E-Fahrzeuge, Wasserstoff- oder Hybridmotoren vor. Diese alternativen Antriebsformen sind die Antwort auf den Klimawandel und Diesel-Fahrverbote. Doch wie sieht es speziell im Reisemobilsektor aus? Gibt es wirklich schon (bezahlbare) Modelle am Markt?

Inhaltsverzeichnis

Während sich im Pkw-Bereich längst einiges tut, sind die Herausforderungen an Camper um Einiges größer. Schließlich reden wir nicht von einem Stadtflitzer, der nur ein paar Kilometer bis zum Supermarkt zurücklegen muss und dann wieder aufgeladen werden kann. Ein Wohnmobil muss zuverlässig hunderte Kilometer fahren. Hinzu kommt, dass es noch lange kein flächendeckendes Netz an Ladestationen auf europäischen Straßen und Campingplätzen gibt.

Bis der Traum vom vollelektrischen Wohnmobil wirklich wahr wird, konzentrieren sich Hersteller auf so genannte Hybride, die Elektroantrieb und Verbrennungsmotor kombinieren. Durch den teilelektrischen Antrieb wird der Motor des Basisfahrzeugs unterstützt. Das spart Kraftstoff und senkt den Partikelausstoß. Großer Vorteil: In Gebieten mit Diesel-Fahrverbot kann der Camper auch komplett elektrisch fahren. Zwar nur etwa 50 Kilometer – mehr Reichweite lassen die erhältlichen Hybrid-Modelle nicht zu – aber gerade für Innenstädte, wo diese Fahrverbote oft gelten, genügt das völlig.

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Wie funktioniert ein Hybrid-Antrieb?

Vorher noch kurz eine Erklärung, wie ein hybrides Wohnmobil genau funktioniert. Neben dem klassischen Motor samt Zubehör haben diese Modelle eine E-Maschine, die als Motor oder als Generator fungieren kann, indem sie Bewegungsenergie beim Bremsen in elektrische Energie umwandelt. Für letzteres braucht es ein kooperatives regeneratives Bremssystem, das dafür sorgt, dass möglichst viel Bremsenergie zurückgewonnen und als elektrische Energie gespeichert werden kann.

Der Inverter wandelt die Gleichspannung der Hochleistungsbatterie dann in eine Wechselspannung um und ist das Bindeglied zwischen der leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterie und der E-Maschine. Nachdem die Theorie jetzt klar ist, schauen wir uns mal auf dem Markt um, ob es tatsächlich schon serienreife Hybrid Wohnmobile gibt. Fündig wurden wir bei Dethleff, AL-KO und der WOF GmbH.

Globevan e.Hybrid von Dethleffs

Auf dem Caravan Salon in Düsseldorf hat Dethleffs voriges Jahr ein serienreifes Reisemobil mit Plug-in-Hybrid vorgestellt. Plug-in heißt in diesem Kontext, dass mit dieser Hybrid-Variante ein elektrischer Fahrbetrieb auch über weitere Strecken möglich ist.

Die Basis des Globevan e.Hybrid ist ein Ford Transit Custom, dessen Antriebsachsen rein elektrisch angetrieben werden. Über den im Fahrzeug verbauten Akkumulator sind bis zu 50 Kilometer rein elektrische Reichweite möglich. Der alltagstaugliche Globevan kann in Städten rein elektrisch gefahren werden. Eventuelle Fahrverbote gelten hier für den Hybrid also nicht.

Der geringe Spritverbrauch durch erzeugte Rekuperationsenergie ermöglicht eine maximale Reichweite von 500 Kilometer. Die Akkus können innerhalb von 5,5 Stunden an einer gewöhnlichen Haushaltssteckdose oder in 3 Stunden an einer Schnellladedose aufgeladen werden. Die Gesamtleistung der Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor liegt bei 92 kW (126 PS). Gedacht ist der Globevan als Urlaubsbegleiter aber auch als Erstauto für die Familie.

Für den Campingurlaub hat das Modell Folgendes zu bieten: ein 190 auf 110 Zentimeter großes Bett im Aufstelldach mit Lüftungs- und Sichtfenster mit Mückenschutzgitter, Küchenblock mit Zwei-Flamm-Kocher, Spüle und 16 Liter-Kompressor-Kühlbox. Gegessen wird am Tisch, der bei Bedarf am Küchenblock eingehängt oder bei Nichtgebrauch im Heckstauraum befestigt werden kann. Durch die serienmäßig drehbaren Fahrer- und Beifahrersitze können auch vier Personen bequem an diesem sitzen.

Die Zweier-Sitzbank wird durch Umlegen zu einer weiteren Schlafstätte mit den Maßen 190 auf 90 Zentimeter. Die Sitzbank ist zudem längs verstellbar und kann auch komplett ausgebaut werden, sollten mal größere Transportaufgaben anstehen. Ende 2020 soll der Globevan e.Hybrid erhältlich sein. Interessenten können sich beim Hersteller registrieren lassen. Der Kostenpunkt liegt bei etwa 75.000 Euro.

e.home coco von Dethleffs

Dethleffs
© Dethleffs

Dethleffs arbeitet auch an einem elektrischer Wohnwagen namens e.home coco, bis zu dessen Serienreife es allerdings noch dauert. Die Idee des Prototyps: Er wird nicht gezogen, sondern treibt sich selbst an, was zum Beispiel die Kombination mit einem Elektro-Pkw als Zugfahrzeug erlaubt.

Außerdem soll er dank Photovoltaik-Anlage auf dem Dach als mobiler Stromspeicher fungieren. Da es sich um absolutes Neuland handelt, ist die Testphase aber sehr langwierig. Im Moment gibt es noch keinen Termin, wann der coco in Serie gehen könnte.

Hybrid Power Chassis von AL-KO

AL-KO Tech
© AL-KO Tech

Die Basis des Hybridkonzepts ist das variable AL-KO Leichtbau-Chassis, das einen modularen Einsatz der Batteriepakete sowie E-Antriebskomponenten ermöglicht. Gleichzeitig bietet es bestmöglichen Schutz für die Batterien. Die elektrifizierte Hinterachse mit einer Peak-Leistung von 90 kW kann bei Bedarf zugeschaltet werden. Die Batteriekapazität ist für eine vollelektrische Reichweite zwischen 50 und 100 Kilometer ausgelegt.

Zur zweiten Jahreshälfte 2020 sollen erste Konfigurationen des gemeinsam von AL-KO und der Huber Automotive AG entwickelten HPC® für Reisemobile mit Fiat Ducato Triebkopf über Einzelzulassung verfügbar sein. Für Überlandfahrten wird der Verbrennungsmotor des Fahrzeugs ohne Einschränkungen genutzt. Bei zusätzlicher Unterstützung durch den E-Antrieb können sowohl bessere Beschleunigungswerte als auch eine Kraftstoffeinsparung und CO2 Reduzierung von bis zu 30 Prozent erzielt werden. Eine Plug-In-Ladefunktion garantiert flexibles, schnelles Laden.

So kann die Reise mit vollgeladenen Batterien sofort emissionsfrei starten. Reisemobile mit HPC®-Plattform erfüllen daher auch die Voraussetzungen für landesspezifische Förderungen und eine Zulassung mit E-Kennzeichen in Deutschland. Eine Weiterentwicklung für noch komfortableres und ökologischeres Fahren ist bereits in Planung: Über GPS soll das System im vollautomatischen Modus ausgewiesene Umweltzonen erkennen und selbständig in den emissionsfreien Modus wechseln. Das Unternehmen hat noch keine Preise bekannt gegeben.

Next Generation Caravan Plattform AL-KO

© AL-KO Tech

Auch AL-KO hat einen Anhänger der Zukunft entworfen, der auf der CMT in Stuttgart vorgestellt wurde. Die Reichweite von Elektrozugfahrzeugen im Verbund mit einem traditionellen Caravan oder Trailer verringert sich stark – teilweise um bis zu 70 Prozent. Der technische Lösungsansatz von AL-KO für die Reichweitenproblematik ist ein im Chassis der (Wohn-)Anhänger integrierter elektrischer 48-Volt Antrieb. Durch die aktive Unterstützung des Zugfahrzeugs erhöht sich die Reichweite – und das unabhängig, ob es sich um ein klassisches Verbrenner- oder ein E-Zugfahrzeug handelt.

Ausgelegt ist die Trailer-Plattform der nächsten Generation auf Anhänger und Wohnwagen bis 3,5 Tonnen. Ein integrierter Energiespeicher sorgt für mehr Autonomie: Kühlschrank, Klimaanlage und vieles mehr werden im wahrsten Sinne des Wortes „elektrifiziert“. Zusätzliche Funktionen, wie eine integrierte Rangierhilfe, intelligente Ladefunktionen, Diebstahlschutz und Kamerasysteme, erhöhen den Komfort. Auch können per Smartphone der Caravan geortet, gefahrene Kilometer visualisiert und der Batterieladezustand ausgelesen werden. Einen Termin für die Serienreife gibt es noch nicht.

Iridium-E-Mobil von WOF GmbH

Der schwäbische Umbauspezialist Elektrofahrzeuge Stuttgart (EFA-S) hat für die WOF GmbH den Umbau das Antriebssystem des ersten vollelektrischen Reisemobils übernommen. Für das Iridium-E-Mobil auf Ducato-Basis werden Synchronmotoren eingesetzt, deren volles Drehmoment bereits bei Drehzahl Null anliegt. Ein eigens entwickeltes Batteriemanagement-System sorgt für eine maximale Reichweite von 400 Kilometern.

Zum Einsatz kommen einzeln überwachte Lithium-Eisenphosphat-Batterien. An den üblichen Schnellladepunkten (50 kW) braucht eine Vollladung zwei bis zweieinhalb Stunden (bei 100 kW: 1-1,5 h), an der Haushaltsteckdose dauert es bis zu 30 Stunden. Mit der KERS-Technologie (Kinetic Energy Recovery System) wird, wie bei Formel-1-Fahrzeugen, die Energie, die beim Bremsen entsteht, zurückgewonnen und gespeichert. Somit tankt das Elektro Wohnmobil praktisch beim Bremsen.

Geplant ist eine limitierte Serie von 30 Fahrzeugen. Stolzer Preis: 169.000 Euro. Neben dem Preis hat der Iridium noch einen anderen Nachteil: Er ist mit 4,2 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht zu schwer für die Pkw-Führerscheinklasse B.

Vor- und Nachteile von Hybrid Wohnmobilen

Die Auswahl an Hybrid Wohnmobilen oder sogar ausschließlich elektrisch funktionierenden Campern ist noch sehr überschaubar. Große Fahrzeugbauer wie Mercedes oder Volkswagen, die 2018 noch innovative Konzepte für den Reisemobilsektor auf Messen präsentiert hatten, konzentrieren ihre Entwicklungsarbeit wie es scheint nun wieder auf das Perfektionieren alternativer Pkw-Antriebe.

Auch wenn die Dominanz des Dieselmotors für Camper anhält, so ist der Markt doch in Bewegung und es gibt erste Ansätze. Wenn Herausforderungen wie der hohe Anschaffungspreis und geringe Reichweiten optimiert werden, dürften Hybridmodelle durchaus eine Zukunft haben. Denn die Vorteile wie Spritersparnis und nicht zuletzt Reduzierung von Emissionen überwiegen bei weitem.

Titelfoto: © thodonal – stock.adobe.com

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Letzte Aktualisierung: 22/02/2024
Author: Claudia Ballhause