Camping in der Nähe von Bad Dürckheim

Bad Dürkheim – Kulinarisches Mekka an der Deutschen Weinstraße

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Genussreisen sind im Trend. Was kann es Schöneres geben, als bei einem süffigen Wein im Camper zu sitzen und schmackhafte Spezialitäten sowie atemberaubende Ausblicke auf wunderschöne Weinberge zu genießen. Mitte April fuhren wir übers verlängerte Wochenende mit dem Campingbus von München nach Bad Dürkheim an der Deutschen Weinstraße.

(Zu) Warmes Klima

Bad Dürkheims Klima gilt wegen seiner Lage am Rand des Pfälzer Waldes, übrigens ein Biosphärenreservat der UNESCO, als besonders mild. Unglaublich! Mitte April haben wir kurz hinter Karlsruhe schon 26 Grad. Das ist wohl zu viel für unseren betagten Bulli, denn im Stau überhitzte der Motor und nach mehreren Abkühlstopps an der Autobahn sind wir froh, als wir endlich auf dem KNAUS Campingpark in Bad Dürkheim ankommen. Doch der Bulli muss repariert werden. Die freundliche Mitarbeiterin an der Rezeption hat sofort die Lösung: Bulli in die Werkstatt und wir ins Mobilheim. Auf der Veranda des Mobilheims entspannen wir bei frühlingshaften Sonnenstrahlen und genießen unseren ersten Eindruck von der Pfalz.

Kulinarisches Verwöhnprogramm

Abends speisen wir im Restaurant Almensee direkt im Campingpark. Ein sehr guter Entschluss. Die Weinkarte verspricht eine gelungene Auswahl an Rebensaft aus der nächsten Umgebung. Da wir zum Essen nicht den Pfälzer Saumagen wollen – den haben wir uns für den nächsten Tag vorgenommen – nehmen wir als „Appetizer“ die flüssige Variante, den Kallstadter Saumagen, einen trockenen Riesling. Seine frische und fruchtige Säurenote macht uns hungrig. Als Vorspeise fällt unsere Wahl auf eine Portion Pfälzer Stangenspargel mit Neuen Kartoffeln und Zander. Zur Hauptspeise dann die Überraschung: ein gegrilltes Steak vom Angus Rind, das – anders als üblich – aus einer australischen Zucht stammt. Es ist butterweich, dabei aber saftig und voll im Geschmack.
Toppen kann das nur noch die persönliche Empfehlung des Küchenchefs, der uns als Absacker einen Holunderbrand des experimentierfreudigen Destillateurs Mesel aus Bad Dürkheim kredenzt. Der Brand schmeichelt mit seiner würzigen Fruchtnote dem Gaumen: ein perfekter Abschluss für den ersten Tag unserer Genussreise. Am Freitagvormittag reißt die Wolkendecke auf. Wir frühstücken auf der Veranda. Dann das Telefonat mit der Werkstatt. Alles gut, nur Kleinigkeiten, aber der Bulli wird erst nachmittags fertig. Gut, dass wir unsere Räder dabei haben, so bleiben wir mobil.

Im benachbarten Wachenheim steht nun der obligatorische Pfälzer Saumagen auf dem Programm. Auf den drei Kilometern bis dorthin radeln wir flankiert von kleinen Weinbergen durch die frühlingsfarbene Natur, die unserer bayerischen um einiges voraus ist. Alles ist schon saftig grün, das Rosa der Mandelblüten leuchtet schon von Weitem und macht Laune aufs Strampeln. In dem kleinen Örtchen wollen wir uns mit dem Leibgericht der Pfälzer stärken. Nirgendwo sonst hat die Herstellung des Saumagens so große Popularität erlangt wie in der Metzgerei von Klaus Hambel. Beim Betreten des Innenhofs sehen wir, wie sich die noch leicht dampfenden, etwa kürbisgroßen Saumägen auf langen Abkühltischen erfrischen.

Der Saumagen und die Politik

War es doch kein Geringerer als Helmut Kohl, der bei Hambel den Saumagen für seine internationalen Gäste anfertigen ließ. Nur Mitterand wagte es, während eines Staatsempfangs Kohls Lieblingsgericht abzulehnen. Erst als Genscher ihm mit der Rückgabe des Saarlands drohte … eine Anekdote zum Schmunzeln. Wahrscheinlich geht der Saumagen auf die Zeit der bäuerlichen Hausschlachtungen zurück, als nach dem Mittagessen Wellfleisch und Pellkartoffeln übrig geblieben sind, die man in den Schweinemagen stopfte. Bei Hambel erfahren wir, dass der Fettanteil seiner Spezialität bei nur fünf Prozent liegt. Er verfüllt extrem mageres Schweinefleisch und Schweinemett sowie ausschließlich festkochende Kartoffeln der Sorte Quarta. Gewürzt wird nur mit Salz, Pfeffer, Muskat, Koreander und original Thüringer Majoran. Nach dem vorsichtigen Stopfen wird der Saumagen zugebunden und mehrere Stunden im Wasserbassin gegart, anschließend langsam abgekühlt. Während wir genüsslich unsere Saumagensemmel im Verkaufsraum verspeisen, führt uns die Metzgersgattin – im Zweitberuf eine Lufthansa-Stewardess – die neuesten Kreationen ihres Mannes vor. Saumagen mit Trüffeln, Champignons, Rosinen, Kastanien, Chili und Saumagen als Carpaccio.

Geschichtsstunde bei der Sektprobe

In Wachenheim besuchen wir als nächstes das örtliche Schloss mit seiner bekannten Sektkellerei. Wir entscheiden uns für eine Führung mit anschließender Probe und erfahren dabei viel über traditionelle Flaschengärung, Transvasierverfahren und Dosage. 13 Editionen stellt Wachenheim als eine der ältesten Sektkellereien Deutschlands her. Mit zwei Saumagensemmeln als Grundlage verkosten wir fünf prickelnde Spezialitäten. Am interessantesten erscheint uns der rote Privilegium, ein Cuvée aus den Rebsorten Dornfelder, Schwarz-riesling und Regent, mit langer Reife auf der Hefe, deutlicher Beerenfrucht und einer intensiven Tanninstruktur. Prösterchen!

Als wir gerade gehen wollen, lädt uns eine Gruppe junger Frauen zum Bleiben ein. Sie feiern Junggesellinnenabschied. Bei bester Laune und reichlich Wachenheimer Crémant – cremig und mit zartem Biss, wunderbar! – erfahren wir von den Mädels viel über die Pfalz. Seit 1816 hatte die Pfalz zu Bayern gehört und war bis 1946 bayerisches Hoheitsgebiet. Geblieben sind nach der mehr als 100-jährigen Zugehörigkeit zu den Wittelsbachern auch einige kulinarische Traditionen wie beispielsweise Dampfnudeln und Leberknödel, die in den kurpfälzischen Haushalten genauso selbstverständlich sind wie in bayerischen.

Als wir nachmittags das Schloss verlassen, radeln wir mit starkem Rückenwind noch nach Deidesheim, das der Ortsinfotafel zufolge zu Cittaslow gehört (eine Wortschöpfung aus italienisch „Città“ für Stadt und englisch „slow“ für langsam). Über 150 lebens- und liebenswerte Städte haben sich unter diesem Label vereinigt, um ihren Bürgern, Unternehmern und Gästen ein Höchstmaß an Lebensqualität zu bieten. Wir nehmen an der entschleunigten Stadtführung teil. Höhepunkt ist der historische Ratssaal von Deidesheim und das Museum für Weinkultur, in dem wir noch viel über die Kulturgeschichte des Weins erfahren. Im Hotel Ritter von Böhl lassen wir bei Kaffee und Kuchen die vielen Eindrücke sacken und stärken uns für die Rückfahrt zum Campingpark Bad Dürkheim.

Dürkheimer Riesenfass und der berühmte Wurstmarkt

Den Samstag verbringen wir in Bad Dürkheim. Freilich geht’s zuerst zum Dürkheimer Riesenfass. Mit 1,7 Millionen Litern Volumen ist es das größte weltweit. Gezimmert wurde es 1934 aus 200 Schwarzwälder Tannen; es beherbergt bis zu 430 Gäste. Den nächsten Höhepunkt können wir nur ahnen, denn auf dem Wurstmarkt, wo das Riesenfass steht, findet jährlich im September das größte Weinfest der Welt statt. Ähnlich wie auf dem Münchner Oktoberfest steht die Stadt Kopf, denn Gäste aus aller Welt treffen sich, um auf den Schubkärchständen (schmale Holzbänke) auf Pfälzer Art Geselligkeit zu leben.

Nur wenige Minuten vom Wurstmarkt entfernt genießen wir im Bad Dürkheimer Gradierbau die wohltuende Feuchtigkeit. Das Freiluftinhalatorium ist 333 Meter lang und 18 Meter hoch. Dort wird das Solewasser der Maxquelle über einer Fläche von 5.000 Quadratmetern Schwarzdorn-Reisig in die Luft zerstäubt. So eine Meeresbrise hat nicht jeder Kurpark. Auf langen Wandelgängen gönnen wir unseren Lungen einen erfrischenden Genuss.

Apropos Genuss: Mehr aus Zufall gelangen wir mittags in das Lokal Pfälzer Mischel in der Kurbrunnenstraße. Volltreffer: Denn als Alternative zum Wein gibt es dort auch Craftbier. Wir probieren das Haardt-Pils einer kleinen, aber feinen Brauerei aus Bad Dürkheim und sind als bier-verwöhnte Bayern angenehm überrascht. Zum Essen wählen wir den Pfälzer Teller mit hausgemachter Bratwurst, Leberknödel, Saumagen, dazu Riesling Sauerkraut, Pfannenzwiebeln an Rotweinsoße und Bratkartoffeln. Zum Nachtisch ordern wir Kaiserschmarrn. Irgendwie ist das fast schon so wie bei uns daheim in München. Zum Verdauungsspaziergang schlendern wir durch den Kurpark entlang der Insenach, die sich als blaues Band über 1,5 Kilometer durch den Kurpark schlängelt. Herrliche Blumenbeete und Magnolien in voller Blüte verwandeln den Park in ein Farbenmeer.

In der Innenstadt angelangt, entdecken wir auf Plakaten den Hinweis zum SWR3 Comedy Festival, das 2016 das erste Mal stattfindet. Die kommenden drei Nächte treten 20 Comedians auf fünf Bühnen auf und bespaßen die Leute. Damit wird unser Abend zur Lachnummer, regenbedingt bleiben wir leider nur kurz. Als wir noch auf der Veranda sitzen, kommen wir ins Gespräch mit unserer Nachbarin, von der Dauerparzelle direkt gegenüber von uns. Charlotte ist Pfälzerin, mit einem offenen Gemüt, herzlich und hilfsbereit. Es braucht nicht lange, bis sie uns überredet hat, spätabends noch mit in einen urigen Winzerkeller zu gehen.

Der Abendspaziergang zum Weingut Wolf in Bad Dürkheim-Ungstein, nur 1,5 Kilometer vom Campingpark entfernt, tut uns gut und von Charlotte erfahren wir noch viel über die Weinstraße und die Pfälzer. Und vor allem über das Weingut Wolf, ihre Lieblingskellerei. Z.B. dass der Inhaber Michael Wolf in Geisenheim Weinbau und Getränketechnologie studiert hat und mit einem Team von jungen begeisterten Önologen auf etwa 18 Hektar umweltschonend vinifiziert. Den Betrieb hat er von seinem Vater übernommen, der als Seniorchef in Sachen Erfahrung unersetzbar ist. In einem alten Gewölbekeller findet gerade eine Weinprobe statt, an der wir teilnehmen. Sascha, ein Önologe aus dem Elsass, begeistert uns mit einem fruchtig roten Lupus black, sehr beerig im Geschmack, als Kontrastprogramm dazu ein lieblicher Dornfelder, Ungsteiner Nußriegel.

Auf Regen folgt Sonne

Wieder haben wir Glück. Nach einer regnerischen Nacht reißt die Wolkendecke auf. Wir nutzen die Gelegenheit, unseren Platz gebührend auszukundschaften. Das knapp 18 Hektar große Gelände macht seiner Bezeichnung als Campingpark alle Ehre. Etwa 600 Standplätze teilen sich Touristen und Dauercamper fast zur Hälfte. Besonders gefällt uns der große Almensee, der fast ein Viertel des Geländes ausmacht. Leider ist es im April noch zu früh fürs Schwimmen. Das Herzstück der Anlage, ausschließlich aus Regenwasser gespeist, trennt den größten Teil des Camps zum angrenzenden Sportflughafen hin ab. Freilich tummeln sich in unmittelbarer Nähe zum Ufer die meisten Camper, denn das Auge campt ja mit. Neben der Gaststätte und einem Kiosk gehören auch eine kleine Pferderanch sowie ein Tipi-Dorf zum Gelände. Kurzweil bei Regen finden die Kleinen im Indoor-Spielplatz, heute sind sie aber draußen am Spielplatz bei der Gaststätte. Zum Abschluss nehmen wir den etwa 500 Meter langen Weinlaubengang, der den Platz als Rebsorten-Lehrpfad durchzieht.

Noch mehr Genuss, bitte!

Als wir uns von Charlotte verabschieden, legt sie uns noch den Besuch des Hambacher Schlosses nahe und eine Restaurantempfehlung für Liebhaber bodenständiger wie raffinierter Küche. Im Weinrestaurant Kutscherhaus in Neustadt Gimmeldingen finden wir uriges Ambiente und raffinierte pfälzische Küche vor. Wir starten mit einem Weinsüppchen vom Pfälzer Handkäse mit Kümmelsahne, gehen zu Gäsbockpfannkuchen gefüllt mit Picandou-Ziegenfrischkäse, Cherrytomaten, Kräuterseitlingen und Rahmspinat über und beenden unser Hüngerchen mit Dijoner Pfannkuchen. Das sind dünne, kurz gebratene Scheiben Schweinefilet, Kräuterseitlinge in einer körnigen Zwiebel-Dijonsenfsauce. Begleitet werden unsere Speisen von einem feinherben Gutswein, einem Riesling vom Weingut Mugler. Sichtbar zufrieden mit Gott und der Welt folgen wir der Aufforderung des Chefs zu einem Blick in die Küche. Beim Fachsimpeln von Bayer zu Pfälzer über die Zubereitung von Knödeln und Kaiserschmarrn beglückt uns Chef Ullrich mit den pfeffrigen Aromen eines zehn Jahre alten Talisker Single Malt von der Isle of Skye aus Schottland. Ja, die Pfälzer sind echt vielseitig.

Endstation Hambacher Schloss

Unsere letzte Etappe in der Pfalz führt uns zum Hambacher Schloss. Vom Parkplatz unterhalb schlängelt sich eine schmale Straße hinauf. Wir gehen zu Fuß und gelangen nach zwei Stunden oben an. Ja, ja, die Wege zur Demokratie sind manchmal mühselig, aber nicht viel anders muss es am 27.5.1832 gewesen sein, als etwa 30000 Menschen der Einladung auf das Hambacher Fest folgten. Begleitet von Trompetensignalen erreichten sie das Schloss und hissten dort auf der höchsten Zinne erstmals die schwarz-rot-goldene Fahne. In Liedern und Trinksprüchen forderten die Redner Einheit und Freiheit Deutschlands und Europas sowie Presse-, Meinungs-, Versammlungsfreiheit und die Gleichberechtigung der Frauen. Wegen dieses Ereignisses wird das Hambacher Schloss heute auch als Wiege der deutschen Demokratie sowie der europäischen Einigung bezeichnet.

Weiterführende Informationen und Links

Deutsche Weinstraße

Mit der Deutschen Weinstraße verbindet man sanfte Weinhänge, üppige Obstplantagen, die hügeligen Ausläufer des Pfälzer Waldes und ein fast mediterranes Klima, das dafür sorgt, dass dort auch Zitronen, Kiwis, Feigen und Melonen gedeihen. Die Deutsche Weinstraße ist die älteste und auch bekannteste Wein-Touristik-Route Deutschlands. Sie beginnt im Norden bei Bockenheim und endet nach etwa 85 Kilometern in Schweigen-Rechtenbach an der elsässischen Grenze. Das Landschaftsbild wird geprägt von kleinen Dörfern, idyllischen Weinstädtchen sowie Burgen und Schlössern. Charakteristisch für die Pfälzer Küche sind eher deftige Gerichte, Bratwürste, Blutwürste, Leberknödel, vor allem aber regionale Produkte, deren Zubereitung Raffinesse nicht vermissen lässt.

Paradies für Weinliebhaber

Ständiger Begleiter zu allen Speisen ist der Wein. Über 1.800 Sonnenstunden jährlich sorgen für ein ausgeprägtes und vor allem breites Weinspektrum. An den Weinhängen der Weinstraße gedeihen reife, rassige, aber auch füllige und elegante Weine. Unter den Weißen ist es der Riesling, der „König der Weißweine“, der in der Pfalz auf über 5.000 Hektar angebaut wird. Unter den Roten, mit etwa 40 Prozent der Anbaufläche, dominiert der Dornfelder, gefolgt vom Portugieser und Spätburgunder. Genussfreudige Gäste haben von März bis Oktober auf unzähligen Weinfesten Gelegenheit, sich von der Qualität und der liebevollen Pflege der Weine zu überzeugen und die Pfälzer Lebensfreude kennenzulernen.

Mehr als nur Gaumengenuss – Das Freizeitangebot

Aber der Genuss beschränkt sich nicht nur auf die kulinarischen Freuden. Die Deutsche Weinstraße wartet mit einem großen Angebot an Freizeitmöglichkeiten auf. Museen, familienfreundliche Schwimmbäder und Freizeitparks sind genauso beliebt wie die vielen Radwege und Wanderwege durch die Weinberge. Genuss braucht Zeit, insofern setzen die Pfälzer an der Weinstraße auf Entschleunigung, um die Seele baumeln zu lassen, den Alltagsstress zu vergessen und das Leben genießen zu können. Vorreiter der Entschleunigung ist Deidesheim als zertifizierte ‚cittaslow‘.

Letzte Aktualisierung: 16/09/2021
Author: Thomas Nitsch