Lavendelfeld in der Ardeche

Camper-Stories: Frankreichs wilder Süden

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Kajakfahren ist Pflichtprogramm an der Ardèche, und der spektakulärste Ort dafür sind die Gorges de l’Ardèche – ein tiefer Canyon, den der Fluss zwischen Vallon-Pont-d’Arc und Rhône in den Kalkstein geschnitten hat. Bis zu 300 Meter hoch steigen die steilen Felswände zu beiden Seiten an, und aus dem Kajak wirken sie noch gewaltiger als von den Aussichtsbuchten der Panoramastraße. „Die Ardèche muss man spüren“, sagt Kajak-Guide Florian und schiebt die Boote ins Wasser. Während er mit seiner Gruppe der langgezogenen Schleife in Richtung des spektakulären Felsentors folgt, erzählt er viel über Pflanzen, Tiere und Menschen am Fluss. Wenn er nicht als Biologe sorgfältig kartografiert, was hier wächst und gedeiht, geht er mit den Gästen des Nature Parc L’Ardéchoise auf Tour.

Direkt am Campingplatz klettern sie in die Boote, um ein paar Stunden später schwer beeindruckt mit einem Shuttle wieder zurückzukommen. Kajakfahren ist in Vallon nicht nur ein eindrucksvolles Erlebnis, sondern auch wohlorganisiert. Und damit vom ungewohnten Paddelschlag für den Rest des Urlaubs die Arme nicht schmerzen, taucht man am besten direkt danach in den Whirlpool mit Blick auf das alte Schloss oder lässt sich bei einer Massage die Muskeln lockern. Wer ein wenig Abstand zum Fluss bevorzugt, geht in die Berge. Nur ein paar Kilometer sind es ins hübsche Dorf Lagorce, wo die Domaine de Sévenier der Rückzugsort für Gäste ist, die ein kleines Chalet dem Zelt oder rollenden Feriendomizil vorziehen.

Frühmorgens Lavendel schneiden

Gleich hinter Lagorce sitzt Henry Chavliac in einer schattigen Laube am Straßenrand. Sein Tagewerk hat er bei Sonnenaufgang erledigt. Doch wenn sich jemand dafür interessiert, nimmt er ihn mit auf seine Felder und zeigt, wie er mit einer großen Sichel armdicke Bündel Lavendel schneidet. Fährt er einmal kräftig hinein, bleibt von der gerade noch üppigen Pflanze nur ein kompaktes Polster stehen. „Jetzt ist die beste Zeit, um zu ernten“, erklärt Chavliac und zeigt, dass die ersten Blüten von den Stielen fallen. Zwölf Jahre sind die Pflanzen alt, die in langen, schnurgeraden Reihen stehen. Morgens erfüllt schwerer Duft die Luft. Dann sichelt Chavliac, bevor das intensive Aroma in der Hitze des Tages verfliegt. Während er erzählt, halten immer wieder Autos am Straßenrand. An einem Tisch in seinem Garten kaufen Besucher Duftsäckchen, Gewürze, Lavendelöl oder Sträuße.

Der Geschmack des Südens – süß und knackig

Dabei hat nicht jede Lavendelsorte dieselben Vorzüge. Welche einfach nur schön ist und welche gegen Motten im Kleiderschrank oder Mückenstiche am lauen Abend hilft, erfährt man im Lavendelmuseum bei Saint Remèze (geöffnet 1.4. bis 30. 9., Mo–Fr 10–19 Uhr). Gleich hinter dem schmucken Dorf mit den typischen grauen Steinhäusern leuchtet es links und rechts der schmalen Straße violett. Den opulenten Duft begleitet das Summen der Bienen, die emsig um die Blüten fliegen. Inmitten dieser seit etwa hundert Jahren kultivierten Felder wurde eine alte Schäferei mit viel Liebe zum Detail zu einem Museum. Heiß strahlt es vom großen Kupferkessel im Innenhof ab. Klare Flüssigkeit tropft in eine dickbauchige Flasche: Lavendelessenz, die während der Erntezeit jeden Tag hier destilliert wird und die Grundlage für Seifen, Öle und Tinkturen bildet – typische Mitbringsel.

So wie der Nougat; der weiße, der traditionell mit Pistazien verfeinert wird, aber immer öfter auch mit Schokolade, Früchten oder gesalzenem Karamell angereichert wird. Januar und Februar ausgenommen, rührt Gérard Gauthierd in seiner Nougaterie in Vallon jeden Tag zwei große Schüsseln davon an. Hinter einer Panoramascheibe sieht man den Patissier die süßen Köstlichkeiten aus Honig, Zucker, Eiweiß und gerösteten Mandeln zubereiten. Mehr als drei Stunden dauert es, bis die knapp 22 Kilo pro Mischung richtig angerührt und in Blöcke gegossen sind. Sechs weitere, bis diese portioniert werden und als fingerdicke Scheiben ins Trockenregal kommen. Später wandert er hübsch verpackt in die Boutique, wo Madame Gauthierd nicht nur Nougat über den Ladentisch reicht, sondern ihren Kunden auch Tipps gibt, was sich zu entdecken lohnt. Etwa abends an den Fluss zu gehen. Selbst am Pont d’Arc wird es dann ruhig. Kaum zu glauben, dass sich tagsüber hier bisweilen Boot an Boot reiht. Ein paar Schwimmer lassen sich treiben. Zwei Jungen klettern auf die Felsen und springen in die Ardèche. Wenn dabei das Wasser platscht, hallt es zwischen den Felswänden – und man spürt, warum diese archaische Landschaft die Menschen in ihren Bann zieht.

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Foto: Sébastian Agnetti

Letzte Aktualisierung: 15/09/2021
Author: Heidi Siefert