Wohnmobil in Schneelandschaft in Berchtesgarden

Action Camping in Berchtesgaden

6 min Lesedauer

Mit dem Rennbob-Taxi durch den Eiskanal am Königssee, mit dem Rodel die steile Abfahrt am Hirscheckblitz runtersausen und in urigen Gaststätten einkehren – das Berchtesgadener Land zeigt sich im Winter abwechslungsreich.

Wir haben einige wunderschöne Wintercampingplätze im Berchtesgadener Land in unserer Datenbank.

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Still sitzen, den Kopf nicht nach vorn kippen und immer die Körperspannung halten. Wir quetschen uns hinter den Piloten in den engen Bob. Wie es die Profis nur schaffen, hier beim Start während der Fahrt reinzuspringen? Wir haben ein mulmiges Gefühl, aber dafür ist jetzt keine Zeit mehr. Festhalten. Es geht los. Mit 120 Sachen schießen wir durch die Bahn. In den Kurven werden wir mit einer
wahnsinnigen Kraft in die Carbon-Schalensitze gedrückt. Es ist gar nicht so leicht, den Körper gespannt zu halten. Die kühle Luft pfeift uns um die Ohren. Kurve um Kurve fliegt wie im Rausch vorbei. Als der Bob zum Stehen kommt, steigen wir mit leicht zitternden Knien aus. 1.250 Meter in unglaublichen 54 Sekunden. In Weltcup-Rennen sind die Besten im Eiskanal am Königssee gerade mal sechs Sekunden schneller. Was für ein Erlebnis!

Das macht Spaß und geht richtig zur Sache

Eric Dengler, Pilot und Organisator der Rennbob-Taxifahrten, hat nicht zu viel versprochen.
„Das macht Spaß und geht richtig zur Sache“, hat er uns bei der Anmeldung gesagt. Mitfahren kann jeder, der körperlich fit ist. Und mutig genug, die Formel 1 des Wintersports auszuprobieren.
Jetzt haben wir uns eine Stärkung verdient. Unweit der Bahn lockt das Echostüberl mit Schmankerln wie fangfrischer Forelle und Schweinsbraten. Nach dem Essen bestellen wir einen Kräuterlikör und einen Enzianschnaps. „Wenn ihr mehr über Liköre und Schnäpse wissen wollt, besichtigt doch die Enzianbrennerei Grassl in Berchtesgaden“, schlägt die Bedienung vor.

Das Rezept für den Enzianschnaps ist geheim

Erste Station der kostenlosen Betriebsführung ist die Brennanlage. Roman Hillebrand, der Brennmeister, erzählt uns, dass Grassl seit Anfang des 17. Jahrhunderts das alleinige Recht besitzt, nach den geschützten Enzianwurzeln zu graben. Die wachsen oberhalb von 1.200 Metern. Von Juni bis Oktober arbeitet ein Kollege von Hillebrand auf einer der vier Brennhütten. 2015 wird er auf der Priesbergalm sein. „Ist das nicht verdammt einsam da oben?“, wollen wir wissen. „Der macht es sich schon schön da oben“, sagt der Tal-Brennmeister lachend.

Am Anfang unterstützen Erntehelfer den Berg-Brenner. Und am Wochenende geht er runter ins Tal. Oder seine Familie besucht ihn auf der Alm. Die Nachfrage nach Enzianschnaps ist groß. Deshalb werden in der Tal-Brennerei Arten verarbeitet, von denen sich Kulturen anlegen lassen. Wie der Gelbe Enzian. Die Rezepte für die Schnäpse und Liköre stammen aus der Zeit der Fürstprobstei, die Anfang des 12. Jahrhunderts das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Außer Destillateurmeister Franz Hölzl kennt keiner die Zutaten der edlen Tropfen. Die wertvolle Rezeptur liegt sicher in einem Banktresor. Hölzl setzt Aromen und Kräuter in Handarbeit an, das machen nur noch ganz wenige Brennereien. „Ich vergleiche meinen Beruf gern mit dem des Kochs. Wir machen ständig was Neues, wie in diesem Jahr den Blutorangenlikör. Es ist schön, nie stehenzubleiben“, erzählt Hölzl.

Er selbst greift lieber zum Meisterwurz, „dem Getränk der Einheimischen“, wie er sagt. Nach der Führung probieren wir im Verkaufsraum Schnäpse, Kräuter-, und Fruchtliköre. Mein Favorit: Haselnusslikör. „Schmeckt auch über Vanilleeis oder im Kaffee“, verrät ein Mitarbeiter.
Kurze Pause in unserem Basislager, dem Campingplatz Mühlleiten in Schönau am Königssee – wir sind nicht die einzigen Wintercamper. Für den Abend haben wir eine Einladung zum Eisstockschießen auf einer privaten Bahn. Beim Z’sammschiaßn wird ermittelt, welches Team den Stock am nächsten an die Daubn bringt und beginnen darf. Eisstöcke schlittern über die Bahn, gespielt wird um 50 Cent. Hilde ist gut im Platzieren, Klaus schießt die Stöcke der anderen aus dem Weg. Wir können mithalten, gewinnen kein Geld, aber genießen den stimmungsvollen Ausklang des ersten Tages.

Die Rodelbahn am Hirscheckblitz hat 22 Prozent Gefälle

Am nächsten Morgen wollen wir endlich auf unsere Ski und Snowboards. Das Berchtesgadener Land bietet fernab der überfüllten Pisten der großen Skigebiete einige weniger stark frequentierte Abfahrten. Der Schnee ist perfekt, die Sonne strahlt. Ein paar Abfahrten – und weiter geht’s. Denn im Staufach unseres Wohnmobils warten auch unsere Rodel auf ihren Einsatz. Also auf zum Hirscheckblitz in Ramsau. Über zwei Kilometer Rodelspaß und bis zu 22 Prozent Gefälle verspricht die Naturrodelbahn. Zum Gipfel schaukeln wir bequem im Zweiersessellift. Oben angekommen gehen wir in Startaufstellung – diesmal sind wir selbst die Piloten.

Neben uns sitzt ein kleines Mädchen zusammen mit seinem Vater auf einem Schlitten. „Fahrt ihr voraus“, schickt der Vater uns auf die Strecke. Dann mal rein ins kurvige Vergnügen. „Wir holen euch bestimmt ein!“, ruft uns die Kleine hinterher. Bald wird es steil. Und schnell. Wir setzten beide Füße auf den Boden, um abzubremsen. Weite Kehren und schmale Kurven wechseln sich ab. Zum Glück ist der Streckenverlauf perfekt
ausgeschildert. Trotzdem fordert die Bahn unsere ganze Reaktionsfähigkeit. Zeit für einen Einkehrschwung. An der Bergstation lädt die Gaststätte Hirschkaser zu Gulaschsuppe, Speckknödeln und Kaiserschmarrn. Den großartigen Panoramablick gibt es gratis dazu.

Die Kulisse am Hintersee ist märchenhaft

Auf dem Rückweg zum Campingplatz machen wir spontan einen Abstecher zum Hintersee. Am Ufer des Bergsees liegt Schnee, ein Teil des Wassers ist gefroren, im anderen Teil spiegeln sich die Berge. Alpenromantik pur. Da passt es gut, dass der angrenzende Wald „Zauberwald“ heißt. In dieser Märchenkulisse schlürfen wir eine Tasse Kaffee und schauen auf die Gipfel.
Der dritte Tag gehört der Rossfeld Panoramastraße. Die hält, was der Name verspricht. Eindrucksvolle Gipfel wie der Hohe Göll, Kehlstein und Watzmann umgeben uns. Und das Berchtesgadener und das Salzburger Land liegen wie eine Miniaturwelt zu unseren Füßen. Die Sonne lässt den Schnee glitzern und die Berge glänzen. Vereinzelt wedeln Skifahrer über die Pisten, Tourengeher schnallen ihre mit Fell bezogenen Skier an. So fühlt es sich also an, wenn man durch eine Postkarte fährt.

Auch Fürst Albert und Genscher lieben Erikas Pfannkuchen

Auf 1.600 Metern Höhe kehren wir im Ahornkaser, der am höchsten gelegenen mit Auto erreichbaren Gaststätte Deutschlands, ein. Erika Pfnür steht mit rosigen Wangen in der Küche ihrer Gaststätte. Mit beiden Händen greift sie die gusseiserne Pfanne, die vor ihr auf dem Gasherd steht. Schwungvoll wirft sie einen Pfannkuchen zum Wenden in die Luft. Ein paar Minuten später belädt ein Junge sein Tablett mit dem daumendicken Pfannkuchen. Erika Pfnür wischt sich an einem Geschirrtuch, das an ihrer weißen Kittelschürze baumelt, die Hände ab. Sie nimmt die nächste Bestellung auf: zwei Apfelstrudel für uns. Erika Pfnür ist Wirtin im Ahornkaser. Seit mehr als 50 Jahren lebt sie „heroben“, wie sie uns erzählt. „Anfangs haben mein Mann und ich ganz primitiv gelebt. Ohne Strom und ohne fließendes Wasser. Aber mei, wir waren verliebt“, erinnert sich die 72-Jährige. Trotz aller Mühen liebt sie das abgeschiedene Leben auf dem Berg. Weil die Gegend „so schee“ ist. Das weiß auch die Prominenz. So bekochte Erika Pfnür schon Adelige wie Albert von Monaco und Minister wie Hans-Dietrich Genscher und Wolfgang Schäuble. „Des macht mich scho stolz“, sagt sie. Wir leihen uns Liegestühle und bunte Decken. Auf der Sonnenterrasse genießen wir den Apfelstrudel. Er schmeckt himmlisch! Nur ein Grund, wieder ins Berchtesgadener Land zu kommen.

Bayern lockt Wintercamper auch außerhalb des Berchtesgadener Landes mit zahlreichen schönen Wintercampingplätzen. Wir haben sie alle für dich gesammelt.

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Fotos: Moritz Hoffmann

Letzte Aktualisierung: 15/09/2021
Author: Meike Minges